Freitag, 26. Juni 2015

Besuch beim König der Könige - Reise nach Lao Banzhang

In diesem Frühling hatte ich das Glück endlich nach Lao Banzhang zu kommen. Laobanzhang Puer wird in China als der König des Puers bezeichnet, daher war ich natürlich besonders gespannt auf diese Fahrt.

Lao Banzhang liegt gut 50km von Menghai entfernt. Man fährt erst Richtung Süden ein Tal entlang bis man anschließend die letzten 20km den Bulangshan erklimmt um dann irgendwann nach einer Stunde schlecht ausgebauter Straßen endlich in Lao Banzhang landet. An Regentagen kann man den Aufstieg trotz gut ausgerüstetem SUV eigentlich vergessen. Die Straße ist nur ein Matsch- und Schotterweg auf dem man schnell stecken bleibt oder den Abhang hinunter rutscht.


Wir hatten das Glück, dass wir schon Bekannte in Menghai haben, die aus Laobanzhang direkt kommen. Nachdem es am Tag zuvor geregnet hatte wussten wir nicht ob wir es überhaupt bis nach Laobanzhang schaffen würden. Der erste Teil der Fahrt war schnell überstanden und dann ging es anschließend den Berg hinauf. Da ich als breit gebauter Europäer den meisten Platz wegnahm, hatte ich die Ehre vorne zu sitzen und beste Aussicht zu haben. Glücklicherweise kannte Herr Deng die Straße in und auswendig, und trotz ständigem "dem Abhang entgegen rutschen" blieb mir nichts anderes übrig als mich auf sein fahrerisches Geschick zu verlassen. Bei ein paar Stellen rutschte mir dann doch das Herz ein wenig in die Hose, aber wir sind trotzdem wohlbehalten in Laobanzhang angekommen.

Die letzten zwei Jahre kam aus Laobanzhang der dritt-teuerste Puer-Tee Chinas. Kilogramm-Preise von über 1000 Euro sind die Regel. Daher war ich schon darauf vorbereitet, dass ich nicht eines der kleinen idyllischen Dörfer erwarten sollte, die ich schon so oft bereist habe. Nicht umsonst wurde das Dorf von der chinesischen Online-Presse schon als 晒钱村 shaiqian cun bezeichnet, was soviel bedeutet wie das Dorf, indem das Geld in die Sonne zum trocknen ausgelegt wird. Die Schlagzeile kam auf, nachdem ein Bild veröffentlicht wurde bei dem Bauern aus Laobanzhang feuchtes Geld auf einer Bambusmatte zum trocknen auslegten.





Mein Freund aus Peking hatte mich schon vor gewarnt, dass es sich bei Laobanzhang mittlerweile um eine Villengegend handeln würde. Tja und genauso war es dann auch. Von den alten Hütten ist nicht mehr viel übrig geblieben und jeder der es sich leisten kann (also das ganze Dorf) hat sich ein großes neues Haus gebaut. Natürlich ist es nicht mit unseren Villen zu vergleichen, aber wenn man bedenkt, dass das vor kurzem noch eine der ärmsten Regionen Chinas war, ist der Lebensstandard schon beachtlich. Leider ist damit natürlich auch der Charme des alten Bergdorfes abhanden gekommen.
Gleich bei der Einfahrt zum Dorf gibt es auch schon eine Bank mit Geldautomaten, somit sollte es auch nicht mehr zu den Bildern mit dem zum trocknen ausgelegten Bargeld kommen. Das Familiendurchschnittseinkommen in Laobanzhang lag letztes Jahr übrigens bei 400.000 RMB, was in dieser Ecke von China ein wahrlich sehr hohes Einkommen ist.

Laobanzhang vor 15 Jahren

Laobanzhang heute






Wir verbrachten einen schönen Nachmittag bei
Herrn Deng zu Hause und sein Vater kochte uns noch etwas zu essen. Danach durften wir etwas von einem ganz besonderen Tee trinken. Die Familie von Herrn Deng besitzt nämlich zwei sogenannte chashu wang (Teebaum Könige). So werden die Teebäume genannt die einer Region als die Größten und Ältesten gelten, und somit besonders wertvoll sind. Diese zwei Bäume sind sozusagen die Könige des Königs des Puers ;)





Aufguss des chashuwang

Ich kann mich leider nicht mehr erinnern wie alt die Bäume genau waren, aber Herr Deng hat uns stolz von dem Preis berichtet, den zwei Kilo Tee dieser Bäume letztes Jahr erzieht haben. Ein Händler kaufte ihnen den Tee für 160.000 CNY ab und versteigerte ihn anschließend auf einer Auktion, wo er über für unglaubliche 1.000.000 CNY seinen Besitzer wechselte. Wenn man sich das mal schnell durch rechnet: 1g kostet 500 CNY und ein Aufguss mit 5g dann 2500 CNY. Also jede kleine Tasse dieses Tees kostete mehr als 50 RMB. Stolzer Preis kann ich da
nur sagen. Ganz zu unserem  Erstaunen erzählte Herr Deng dann noch, dass die Bauern aus Laobanzhang vor 15 Jahren noch
ihren Tee zu Fuß über 20km bis zur Schnellstraße brachten und selbst dann Mühe hatten 5 CNY für ein Pfund Tee zu bekommen.
Der König des Königs


Die Wahrscheinlichkeit einen echte Laobanzhang zu trinken ist übrigens sehr gering, wenn man nicht selber vor Ort ist. Skrupellose Teehändler verkaufen nämlich den Tee aus angrenzenden Dörfern und Anbaugebieten ebenfalls als Laobanzhang. Tee aus dem 2km entfernten Bangpen Dorf z.B. kostet maximal nur ein Drittel des Preises eines Laobanzhangs, da der Geschmack und das Aroma aber sehr ähnlich sind, wird der Tee im ganzen Land als Laobanzhang verkauft oder zur noch besseren Tarnung direkt ins Nachbardorf geschmuggelt und dort als Originaltee verkauft. Obwohl die Dörfer mittlerweile ankommende Wagen auf geschmuggelten Tee kontrollieren, gibt es keinen ausreichenden Schutz. Im Endeffekt kann auch jeder Teehändler auf die Verpackung drucken was er will und daher ist der Puer-Markt auch so ein riesiges Chaos. Herr Deng sagte uns dann, dass seiner Meinung nach nur ca. 80-90% des Tees in Laobanzhang echt sind. In Menghai seien es dann nur noch 40% und in Shanghai, Guangzhou oder Peking wahrscheinlich keine 10% mehr.

Nach einem interessanten und lehrreichen Tag machten wir uns dann auf den Weg nach Menghai. Unglücklicherweise fing es auch noch an zu regnen womit die Abfahrt noch dramatischer wurde als die schon nervenaufreibende Hinfahrt. Wir kamen aber alle wohlbehalten an und jeder hatte noch eine kleine Tüte mit original Laobanzhang gushu Tee von Herrn Deng bekommen.



Maocha zum Sonnentrocknen ausgelegt
Herr Deng

Laobanzhang Tee


















Montag, 22. Juni 2015

"Geklauter" alter Menghai Tee

Heute will ich euch einen Tee mit einer wirklich interessanten Geschichte vorstellen.

Mein guter Freund Yang Hua, den ich auf meiner ersten Yunnan Expedition kennen gelernt habe, arbeitet als Designer für verschieden Teefabriken. Vor ein paar Jahren hatte er einen Auftrag von einer Teefabrik, die anschließend pleite ging. Die Firma schuldete Yang Hua eine nicht unerhebliche Menge Geld und der Besitzer wollte (konnte) ihn nicht mehr bezahlen.
Daraufhin entschloss sich Yang Hua die Firma persönlich aufzusuchen um doch noch an seinen Lohn zu kommen. Das Einzige was er dort noch finden sollte, war eine große gepresste Platte alten Tees, die er dann auch gleich mal mitgenommen hat. Wir haben den Tee daraufhin immer als geklaut bezeichnet ;-)

Der Tee wurde die meiste Zeit in Yunnan gelagert und fermentiert entsprechend langsam. Dadurch sind aber auch die feinen Aromen erhalten geblieben, welche in zu feuchtem Klima leider schnell verloren gehen. Aufgrund der Farbe des Aufgusses, der Pressung und unter Einbezug des Lagerortes würde ich sagen, dass dieser Tee um die 12-15 Jahre alt ist.

Ursprünglich kommt der Tee aus der Ecke Menghai, was man auch am Geschmack merkt. Wir haben diesen Tee recht häufig während unserer letzten Rundreise in Yunnan getrunken und ich erinnerte mich immer an eine feine Süße und ein sehr angenehmes Aroma, aber auch die Menghai-Typische rauchige, leicht bittere Note. Damals wussten wir nicht, ob es sich um einen gushu handelte, aber dazu später noch mehr. 

Ich habe ein ungefähr 6g schweres Stück aus dem Tee gebrochen, was bei der Größe der benutzten Gaiwan (ungefähr 180ml) noch so in Ordnung ist.
Das Stück ist sehr stark gepresst, was bei gutem Tee hilft, die Aromen zu erhalten und den süßlichen Geschmack zu betonen. Allerdings fermentiert stark gepresster Tee auch recht langsam.


So einen alten, fest gepressten  Tee muss man relativ lange "waschen". Ich habe ihn erstmal eine Minute ziehen lassen, bis er sich leicht gelöst hat. Der erste Aufguss kam dann weg und ich roch erstmal am beidi.




Nach dem man den ersten Aufguss weggeschüttet hat kann man am Geruch des lehren Bechers (beidi, heißt übersetzt der Boden des Bechers) einiges über die Qualität des Tees erfahren. Bei jungem Puer duftet das (oder der? oder die?) beidi sehr stark wenn der Tee von alten Bäumen kommt. Bei taidi cha, also Tee von jungen Büschen (direkte Übersetzung wäre Terrassen- oder Stufen-Tee) riecht man in der Regel wenig bis gar nichts.
Der Geruch war für alten Tee nicht sehr stark, aber trotzdem angenehm und vorhanden.

Der erste Aufguss war noch etwas dünn (der hart gepresste Tee braucht ja immer etwas bis er in fahrt kommt), der zweite wusste doch schon vollends zu überzeugen (man beachte auch auf den Bildern den Unterschied zwischen Aufguss 1 und 2).


Aufguss 1

Aufguss 2

Auch wenn es heute sehr schwül in Shanghai ist und gestern noch geregnet hat kam das süßliche Aroma sehr schön raus. Eine leichte Rauchnote war klar zu spüren, aber sie war nicht sehr dominant. Die Süße dieses Puer kann ich immer noch schwer beschreiben, sie ging in die Honig-Richtung (mixiang 密香), hatte aber noch etwas blumiges dabei. Ich werde den Tee mal meiner inoffiziellen Lehrerin Liu Min mitbringen, welche einen Teeladen in Shanghai besitzt und ausgezeichneten Puer verkauft. Liu Min hat ein außergewöhnliches Gespür für guten Tee und kann die Geruchsnoten immer sehr treffend in Worte fassen.



Im Gegensatz zu meinen Erinnerungen (wir tranken den Tee ja auf unserer Reise), ließ nach ein paar Aufgüssen doch relativ früh der Geschmack des Tees nach und auch diese abschließende extreme Süße, die man oft bei gushu Puer bekommt, kam nicht heraus. Die houdu, also das Volumen des Tees stimmte nicht wirklich.

Nach einigen Aufgüssen ließ der Geschmack deutlich nach

Auch der Anblick der aufgebrühten Blätter (yedi 叶底) lässt darauf schließen, dass es sich bei diesem Tee um taidi cha handelt. Für gushu cha sehr typisch sind die dicken, weichen Stängel und auch die Blätter sind eher elastisch und rissfester. Hier sind aber die Blätter sehr dünn und zerbrechlich und die Stängel dünn und relativ fest gebleiben. Ich bin zwar (noch) kein absoluter Experte auf dem Gebiet, aber ich denke, dass ich in dem Fall richtig liege.




Ausgerechnet hier sieht man natürlich die einzigen drei
dicken, weichen Stengel die im yedi zu finden waren 

Leider werden wir bei dem Tee nie genau wissen, wo er her kommt und wie alt er ist, aber es ist ein Tee mit einer Geschichte, den man sehr genießen kann.
Außerdem ist er ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, dass guter Tee nicht unbedingt von alten Bäumen sein muss. Trotzdem fehlen ihm natürlich die positiven Eigenschaften eines gushu. 






Sonntag, 21. Juni 2015

Warum schreibt ein Teepferd?


Hallo ihr Lieben,

also ich heiße Henning und habe mich entschlossen hier etwas über meine Leidenschaft, Tees aus Yunnan insbesondere Puer, zu schreiben.

Mein Blog heißt Chama (茶马) was übersetzt Teepferd heißt. Im alten China wurde ja der Tee aus Yunnan in gepresster Form durch Pferdekarawanen in China und angrenzendem Asien verbreitet. Diese Handelsstraßen nennt man chama gudao (茶马古道) "Tea horse road" und selbst heute noch kann man sich an manchen Orten die Überreste davon anschauen. In den abgelegenen Gegenden Yunnans wird auch jetzt noch Tee aus den Bergen in die tiefer gelegenen Ortschaften gebracht. Der Tee hat jedoch einen enormen Wohlstand in einige Regionen gebracht, so dass die Infrastruktur immer besser ausgebaut wird und das Pferd immer mehr durch Motorräder, LKWs und Pick-ups ersetzt wird.

Chama Gudao in der Nähe von Yiwu


Ich selber wohne in Shanghai wo ich seit einiger Zeit dem Tee verfallen bin (vielleicht mehr dazu in einem späteren Beitrag). Dadurch, dass ich in China wohne und auch erst hier angefangen habe mich näher mit Tee zu beschäftigen, habe ich natürlich eine sehr chinesische Sichtweise angenommen und nicht viel vom deutschen Teemarkt mitbekommen.

Irgendwann hatte ich dann die Idee im deutschen Internet zu schauen, was denn dort über Puer Tee geschrieben wird. Nach einigem Suchen habe ich interessante und auch sehr lehrreiche Artikel gefunden (der Puer Tee Guide von Chenshi China Tee soll hier mal lobend erwähnt werden) und auch viele interessante Forumsbeiträge auf Teetalk.de gelesen. 

Mir ist dabei aufgefallen, dass sich die Betrachtungsweise von Puer teilweise von der Unterscheidet, die ich hier in Shanghai und in Yunnan kennengelernt habe. Daher dachte ich mir, dass es sinnvoll sein könnte, wenn ich hier einfach ab und zu meine eigenen Erfahrungen über Puer Tee niederschreibe.

Also ich hoffe, dass ihr bald eine Menge zu lesen habt und wir uns über Tee austauschen können.